Medizinische Berufe

Seit dem Beginn der Menschheit gab es schon Heiler und Mediziner. Sie sind nicht aus unserer Gesellschaft wegzudenken. Doch obwohl ihre Rolle über lange Zeit bestanden hat und weiterhin bestehen wird, heisst dass nicht das sie sich nicht Veränderungen unterziehen. Der grösste moderne Medizin Wechsel wird von der Digitalisierung vorangetrieben. 

Entwicklung des Arztes

Die Medizin entwickelt sich gegenwärtig in Richtung einer individualisierten Therapie. Hinzu kommen die sogenannte Feminisierung der Medizin sowie veränderte Lebensentwürfe junger Ärzte. Ferner werden bestimmte vormals ärztliche Leistungen an nichtärztliche Berufe delegiert. Die Medizin ist also ein Fachgebiet, dass schon seit eh und je sich im ständigen Wandel befindet. Um Kosten zu sparen, wird politisch die Digitalisierung der Medizin vorangetrieben.

Doch welche potenziellen Konsequenzen hat die Digitalisierung auf die medizinischen Tätigkeiten und Was könnte dies für die Ausbildung von Medizinern bedeuten?

Im «Bildungsnetzwerks Medizin» erwartet man Konsequenzen in folgenden Bereichen:

  • Administration: Daten über Patienten werden meist nur einmal erfasst und gespeichert. In einem elektronischen Dossier können diese dann von überall Abrufbar sein
  • Medizinisches Wissen: Informationen zu fast allen medizinischen Themen sind heute im Internet zumeist frei und einfach erhältlich. Patienten benötigen daher dringend Beratung, um diese Informationen korrekt einzuordnen und zu bewerten.
  • Interpretation von «medizinischen Bilddaten»: Mit den neuen Technologien des «machine learning» gelingt es zunehmend besser, Röntgenbilder, MRI und CT-Aufnahmen und andere medizinische Bilddaten zu interpretieren.
  • Digitale Biomarker: Mit elektronischen Tools wie Smartphone und Sensoren generierte digitale Biomarker erlauben die Quantifizierung von Parametern wie Gangqualität und Balance, aber auch soziale Interaktionen. Ihre Verwendung in Diagnostik und Therapie wird in Zukunft neue Behandlungsansätze ermöglichen. Biomarker sind: Messbare Indikatoren für normale biologische oder pathologische Prozesse bzw. als Reaktion auf eine Exposition oder Intervention. Digitale Biomarker sind eine neue Art von Biomarkern mit digitaler Datenerfassung und -verarbeitung.
  • Einordung und Vermittlung der Künstlichen Intelligenz-Ergebnisse: Im Computer oder im Internet verfügbare Algorithmen werden den Arzt bei diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen unterstützen. Auch in Zukunft wird es primär Aufgabe des Arztes sein, die von Algorithmen generierten Ergebnisse zu interpretieren und dem Patienten, möglicherweise unterstützt von digitalen «Coaches», zu erläutern. Diese Beratungstätigkeit wird an Komplexität, aber auch an Bedeutung zunehmen. Denn Algorithmen liefern grösstenteils Wahrscheinlichkeitsangaben, die nicht immer einfach zu verstehen sind. Ihre Relevanz dem Patienten zu erklären, ist eine äusserst anspruchsvolle Tätigkeit.
  • Einbindung von Robotik und Künstlichen Intelligenz: Bei diagnostischen und therapeutischen «Interventionen» werden zunehmend Roboter oder auch «augmented», «mixed» oder «virtual reality» zum Einsatz kommen. Gewebeproben, um ein Beispiel zu nennen, können mit Unterstützung von Robotern oft schonender und präziser entnommen werden; und mit Hilfe von «augmented reality» lassen sich chirurgische Eingriffe, etwa das Platzieren von Schrauben in Wirbelsäulenfortsätzen, präziser und sicherer ausführen als mit manuellen Operationstechniken.
  • Elektronische Kommunikation: Interaktionen zwischen Arzt und Patient dürften zunehmend elektronisch erfolgen. So können Patientendaten wie Hautveränderungen oder Blutzuckerwerte per Computer oder Smartphone an den Arzt übermittelt und von diesem auf dem gleichen Weg kommentiert werden. Auch hier ist denkbar, dass digitale Coaches, gleichsam als verlängerter Arm des Arztes, den Patienten therapeutisch begleiten und ihn bei der Datenerhebung für die nächste (telemedizinische) Sprechstunde unterstützen.

 

Zusammenfassend also…

Eine schnelle Anpassung an neue Technologien, seien es Bilddaten, oder an neuen chirurgischen Hilfsmitteln kann zu einem Vorteil bzw. einer Spezialisierung führen, welche einem von seinen Fachkollegen abheben kann.

Der Arzt wird mehr mit der Patienten-Kommunikation beschäftigt sein als mit der Diagnostik.

Mathematische Konzepte zu verstehen und anzuwenden wird wichtiger.

 

Was bedeutet der digitale Wandel für die Ausbildung von Medizinern?

 

Bei der Digitalisierung kommt es darauf an, zukünftige Entwicklungen zu antizipieren, um diese mitgestalten zu können. Somit sollten folgende Dinge in diesem Zusammenhang bei der medizinischen Ausbildung beachtet werden:

 

Umgang mit Daten und Datensicherheit:

Für einen Patienten sind Gesundheitsdaten sehr privat und schützenswert. Durch die Digitalisierung erhöht sich die Gefahr eines unbefugten Zugangs an diese Daten. Als Arzt muss man die dazugehörenden Gesetzte und Vorschriften (Datenschutzgesetzt, Humanforschungsgesetzt etc.) kennen, um das Persönlichkeitsrecht des Patienten zu schützen.

Während dem die neuen Technologien exponentiell zunehmen und robotergestützt Eingriffe sich vermehren, muss der Arzt nun die wachsende technische Komplexität, wie etwa vom «machine learning» dem Patienten erklären. Unklar zu sagen ist in welchem Ausmass ärztliche Gespräche und Arbeiten ersetzt werden können. Man kann jedoch von einer Tendenz reden, welche den ärztlichen Beruf mehr vom technischen zum kommunikativen leitet.

 

Theorie algorithmischer Entscheidungsfindung in der Medizin:

Algorithmen werden zunehmend in Diagnose, Prognose und Therapie eingesetzt. Dabei treten sehr anspruchsvolle informatische, statistische und kontrolltheoretische Probleme auf, die aus professioneller Sicht auch den Algorithmenentwurf be­einflussen werden. Die Korrektheit dieser Algorithmen muss im statistischen Kontext bewertet werden. Der Arzt muss also ergänzend zu einer algorithmischen Prognose sein Wissen anwenden, um Diagnosen und Therapien zu konzipieren. Die Therapie wirft zudem schwierige konzeptionelle Fragen zur optimalen Kontrolltheorie auf. Dieser neue Aspekt ­erfordert Ergänzungen in der Ausbildung von Medizinern, um ihnen ein Grundverständnis von komplexen Systemen und der optimalen Kontrolle zu vermitteln.

 

 

Interpretation und Kommunikation der Ergebnisse von Algorithmen:

Die Resultate diagnos­tischer und prognostischer Algorithmen sind ­Wahrscheinlichkeiten und daher immer mit «Unsicherheit» verbunden. Für die Patienten, aber auch für die behandelnden Mediziner stellt sich die Frage, wie die wahrscheinlichkeitsbasierten Entscheidungen und Empfehlungen angemessen kommuniziert werden. Sowohl die korrekt visualisierten Unsicherheiten in den Antworten als auch alternative Ergebnisse der Analyse spielen hier eine wichtige Rolle. Auch müssen sich Ärzte damit auseinandersetzen welche Informationen sie dem Patienten wie vermitteln.


Lernziele als Medizinstudent

(in Bezug auf die Digitalisierung):

 

  • Die Studierenden sollen wissen, in welcher Weise Patientendaten geschützt sind und wie sie diesen Schutz in der Praxis gewährleisten können.
  • Es muss ihnen bewusst sein, auf welche digitalen Ressourcen sie für eine sach- und fachgerechte Behandlung zugreifen können und müssen.
  • Sie sollen in der Lage sein, dem Patienten das digital vorhandene Wissen so gut zu vermitteln, dass ­dieser sein Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen kann.
  • Studierende können mathematische Konzepte auf medizinische Fragestellungen anwenden, wie z.B. die Erstellung von Prognosen, Modellierung von Therapien oder Tumorentwicklung. 
  • Sie haben ein Grundverständnis für die Gesetze des Zufalls und des Denkens in Wahrscheinlichkeiten; sie verstehen statistische Methoden bei medizinischen Fragestellungen und können sie anwenden.
  • Sie haben ein Grundverständnis für moderne Klassifikationsmethoden, insb. «random forests», «Deep Neural Networks».
  • Sie haben ein Grundverständnis für Bayesianische Inferenz, Bias Variance tradeoff 
  • Sie haben ein Grundverständnis der Linearen Regression, von Gaussschen Prozessen und Kernel-Methoden.
  • Studierende haben Grundkenntnisse der System- und Kontrolltheorie.
  • Studierende kennen die unterschiedlichen Konzepte von Wahrscheinlichkeiten (frequentistisch und «degree of belief»).
  • Sie wissen, wie Wahrscheinlichkeiten numerisch und graphisch dargestellt werden können.
  • Sie wissen, wie Informationen Wahrscheinlichkeiten verändern und können die Folgen der veränderten Wahrscheinlichkeiten beurteilen.
  • Sie können den Patienten/Angehörigen/Mitgliedern anderer Professionen Wahrscheinlichkeiten in verständlicher Form erklären bzw. mit Hilfe von ­digitalen Coaches erklären lassen und diese Wahrscheinlichkeiten in den Entscheidungsprozess und Behandlungspfad integrieren.